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zu den Kreuzfahrt Romanen

Grafik: Dietmar Lampe
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Leseprobe Kreuzfahrt Roman Band 2 - `Auf leisen Sohlen´

Band 2 - `Auf leisen Sohlen´

Grafik: Dietmar Lampe,
Foto: Alex Dernbach

Der Wind peitschte gegen das Schiff. Es knarrte und ächzte an allen Ecken und Kanten. Die Wellen waren meterhoch und ließen das Schiff wie einen Pingpongball hin- und her springen. Kaum ein Passagier konnte sich auf den Beinen halten. Schranktüren öffneten sich von allein, Geschirr flog im hohen Bogen durch die Luft. Gläser und Flaschen schepperten in den Bars auf den Boden, und Lena beschloss, sich in ihrer Kabine warm anzuziehen und auf die Außendecks zu gehen.
In der Kabine war schon alles nicht Niet- und Nagelfeste heruntergefallen. Es sah aus, als wäre eine Bombe explodiert! Es störte Lena nicht. In aller Seelenruhe kleidete sie sich an und verließ ihre Kabine.
Es war 23.30 Uhr, und auf einmal ertönte die Stimme des Kapitäns über das gesamte Schiff:

"Hier spricht Ihr Kapitän! Meine Damen und Herren, auf Grund der Wetterlage sehen wir uns gezwungen, die Außendecks zu sperren. Bitte verlassen Sie das Schiffsinnere nicht! Wenn Sie sich im Schiff bewegen, halten Sie sich an den Handläufen fest. Wir haben im Moment Windstärke 10 und Seestärke 11. Laut Wettervorhersage können wir davon ausgehen, dass dieser Sturm erst gegen morgen Mittag nachlässt. Also bitte ich Sie, gehen Sie vorsichtig, und achten Sie auf herunterfallende Gegenstände. Betreten Sie auf keinen Fall das Fitness-Center, Gewichte könnten Sie verletzen. Meine Damen und Herren, wir wünschen Ihnen trotz dieser unangenehmen Wettersituation eine Angenehme Nachtruhe."

Lena beeindruckte diese Durchsage nicht im Geringsten. Sie hatte auch überhaupt keine Angst. Im Gegenteil, ihr gefiel das wilde Schaukeln, und sie war fest entschlossen nach draußen zu gehen. Mit fast übermenschlicher Kraft öffnete sie die Tür zum Promenaden-Deck, wurde gleich vom Wind aus dem Schiff gesogen und gegen die Reling gepresst. Es war ein harter Kampf, auch nur einen Schritt vorwärts zu kommen.
Aber Lena war es egal. Sie wollte sich zum Bug des Schiffes vorarbeiten, wie in dem Film `Titanic´. Sie fühlte sich wunderbar, strotzend vor Energie und tatendurstig. Plötzlich kam ihr ein Liegestuhl entgegen geflogen, und sie konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen. Als nächstes segelte ein Tisch direkt auf sie zu, dann aber haarscharf an ihr vorbei! Das Schiff schwankte von einer Seite zur anderen, und Lena bekam das Gefühl, als würden sie jeden Moment umkippen. Sie wurde von dem Schaukeln an die Wand geschleudert, verlor den Halt und rutschte bugwärts über das Deck. Der Boden war aalglatt von den Brechern, die über die Reling auf das Deck klatschten. Lena fand sich mit Schürfwunden am ganzen Körper, bis auf die Haut durchnässt wieder, die Kleidung, zerrissen. Sie wollte immer noch zum Bug, und es schien, als könnte sie nichts und niemand davon abhalten.
Irgendwie, sie wusste nicht wie, schaffte sie es tatsächlich zum Bug. Sie kletterte mit letzter Kraft die Stufen hoch und hielt sich an der Reling fest.
Nun stand sie da, wie eine Heldin, und blickte nach vorn in die aufgepeitschte See. Sie hatte es geschafft.
In diesem Moment lachte ein Mann hämisch hinter ihr auf, sie drehte sich um. Das Blut gefror ihr in den Adern. Da stand er, ihr Mann, in Lebensgröße, direkt vor ihr, mit einem Dolch in der Hand, und stach auf sie ein. Lena schrie um Hilfe, ihr Mann lachte immer irrer und schrie: "Du entkommst mir nicht! Niemals!"
"Lass mich in Ruhe, ich gebe Dir doch Deine Freiheit, was willst Du noch von mir?"
"Was ich von Dir will? Bist Du wirklich so naiv? Das, was ich immer wollte! Dein Geld! Nichts weiter!"
Lena wurde speiübel, sie hatte weder die Kraft sich zu wehren, noch ihm auszuweichen, sie verlor den Halt und wurde mit der nächsten Welle von Bord gespült. Sie spürte keine Schmerzen, nur eine bodenlose Traurigkeit, die so unendlich war, dass Lena einen Todesschrei aus endgültiger Lebenssinnlosigkeit ausstieß!

"Ein neuer Tag, ein neues Glück!", zum Gurren und Zwitschern einer Vogelschar und der Musik von James Last ertönte die allmorgendliche Durchsage über den Radiokanal. Lena fuhr senkrecht aus dem Bett. Sie kroch auf allen Vieren vor den Spiegel im Bad, richtete sich zitternd auf und flüsterte,
"Das bin doch nicht ich!?"
Ein von Furien gehetztes Gespenst starrte sie an. Dennoch empfand sie nach kurzer Zeit ein Gefühl von Glück und Erlösung: Nur ein Albtraum. Nur...Der Tag begann, und sie war am Ende:
"Lieber von Dali gemalt, als vom Leben gezeichnet!" murmelte sie vor sich hin. Sie begann langsam in die Realität zurückzukehren.

Aus: `Auf leisen Sohlen´ Band 2